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Montag, 18. Juni 2012
Ins rechte Licht rücken
oder „Vermischte Maniacs“
Ich habe Spaß daran, neue Sammelnamen zu erfinden. Es gibt
ja nicht nur eine „Schule Delphine“, sondern vielleicht auch
eine „Kommission GeschäftsIeute”, wie wäre es jetzt
also mit einem „Gewurl Kühlschlangen“ oder
gibt es in unserem Fall womöglich eine “Melange
Maniacs“? |
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Zum Ende meines kurzen Berichtes
über unsere
Feierlichkeiten zum 15 Jubiläum in Schottland hier einige meiner
Gedanken im Nachhall einer Reise, die tatsächlich mein Leben
verändert hat. Ich beziehe mich auf einen besonderen Teil
unseres Besuches, der die Malt Maniacs sozusagen aus ihren
gewohnten Behaglichkeitsbereichen herausgehoben hat.
Für zweieinhalb Tage unserer 4 “Feiertage” hat Diageo die Maniacs
bewirtet und beherbergt. Wir hatten nicht nur eine wirklich
einmalige Basis für unsere Veranstaltung, es öffneten sich auch
einige Türen, die “normalen” Besuchern verschlossen bleiben.
Es war wirklich eine Ehre,
die
Roseisle und Mortlach Destillerien besuchen zu dürfen, ebenso
Blair Athol & Dalwhinnie, für mich jedoch war es ein
wahrhaftiges Aha-Erlebnis als ich staunend ihre neue Cambus
Küferei erkunden konnte. Wir alle wissen, dass Diageo groß ist,
wirklich riesig, aber erst wenn man Hektar, vielleicht
Quadratkilometer, womöglich Meilen dieser Lagerflächen
durchmisst, vorübergleitet an hoch aufgetürmten Fässern, dann
erst wird einem so richtig klar, wie groß! Wir staunten
angesichts einer Unzahl Fässer, die für ihre Neubefüllung auf
ihre Verjungungsprozedur warteten als ein Maniac auf eine Anzahl
besonders hoher Fässertürme zeigte und fragte, wie lange die
wohl vorhalten würden. Unser Fremdenführer dachte ein paar
Sekunden nach und antwortete: „Na, das werden wohl zweieinhalb,
vielleicht drei Tage sein“. Das ist der Gradmesser dieser
Arbeitsvorgänge: bis zu 1000 Fässer pro Tag können neu
hergestellt oder verjüngt und zur Abfüllung bereitgestellt
werden – das sind 40.000 Stück pro Woche! |
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Ich habe bereits einige Master Distiller und Master Blender
getroffen,
einer davon hat sogar damit gedroht mich umzubringen, sollte ich
bei unserem nächsten Treff mein Glas auf die seiner Ansicht nach
falsche Weise halten. Andere halten sich mehr im Hintergrund und
ziehen es vor, nur ihre Arbeit zu machen.
Wir durften der Audienz einer dieser Master Blender beiwohnen,
der uns wahrhaftig aus unserer “Kuschelecke” herausholte
– wir sind nun mal Malt Maniacs und wenn wir
plötzlich in der Kategorie „Blended Whisky“ denken sollen,
bewegen wir uns damit auf einem ganz anderen Territorium.
Hier kommen noch ein paar ganz erstaunliche Zahlen:
Diageo verkauft jedes Jahr, produziert also 18,6 Millionen
Fässer Johnnie Walker Whisky – das sind beinahe 225 Millionen
Flaschen! Das sind bergeweise Fässer, eine Menge Flaschen, viele
Destillerien und ein beeindruckendes Riesengeschäft. Im
Vergleich: Diageos gesamtes Single Malt Geschäft entspricht
einem Drittel davon – 6,4 Millionen Fässer pro Jahr.
Jim Beveridge ist Diageos Master Blender und der
Mann hinter Johnnie Walker (tja nun, mit solch einem Namen, was
hätte er sonst wohl auch mit seinem Leben anfangen sollen?) (Beverage
= Getränk) |
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Jim erklärte sehr sachkundig ein paar grundsätzliche Dinge über
das Blenden und wie schlussendlich jede der Diageo Destillierien
eine einzige Komponente, oder Farbe auf seiner Palette,
repräsentiert, die er mischen oder blenden kann, um seine
Kunstwerke zu kreieren (die Künstler-Metapher ist von mir, nicht
von ihm). Als Maniacs waren wir hoch erfreut, aus so vielen
verschiedenen auf dem Markt befindlichen Single Malts wählen zu
können - Raison d'etre dieser Malts ist jedoch,
Bestandteil der Diageo Blended Whiskies zu werden.
Der Blend für die Maniacs:
Jim hatte ganz
speziell für unseren Besuch einen Blend kreiert. Nein nein, da
ging es nicht um einen ganz besonders raren Johnnie Walker oder
einen anderen Blend, der nur für uns abgefüllt wurde. Das war
ein Blend der ganz kleinen Mengen, serviert in Gläsern und nicht
genug, um auf Flaschen gezogen zu werden. Zunächst jedoch wurden
uns die einzelnen Komponenten vorgestellt: dabei waren ein 20y
Vatting Highland Malt, ein 25y Talisker, ein 21y Vatting aus
Grain Whisky, ein 20y Auchroisk und ein 25y Rosebank. Jede für
sich war hochfein, dann aber probierten wir Jims Blend dieser
Bestandteile – ein wahrhaft klares Zusammenklingen, das doch die
einzelnen Töne zart unterstrich. Die Abenteuerlustigen unter uns
komponierten dann gleich ganz eigene Blends aus den
dargereichten Zutaten – die weitaus meisten der Resultate waren
allerdings ziemlich Talisker-lastig! |
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Nach unser privaten Blending Lektion
(sagte ich schon, dass
die meisten Resultate ziemlich Talisker-lastig waren?) warteten
noch weitere einzigartige Gaumenfreuden auf uns. Die erste
Flasche war ein Johnnie Walker Red Label aus den frühen 1960er
Jahren und wurde nur für diesen besonderen Anlass gestiftet von
unserem (Blend Maniac) Ralfy! Was für ein Unterschied zu den JW
Red von heute! Da waren starke Nuss- und Toffeearomen und ein
Hauch von Rauch, gleichzeitig leicht grasige Anklänge und zum
Schluss ein den Mund auskleidender Karamellgeschmack. Ein
totaler Kontrast im Vergleich zum viel leichteren und frischeren
Charakter der heutigen Version.
Und jetzt kommt etwas gleich ganz anderes: Ein JW Festival
bestehend aus vier ganz besonders edlen, exklusiven Varianten.
Jim und sein Team kreieren jedes Jahr eine absolut einmalige
Abfüllung speziell nur für die JW-Direktoren. Jede ist auf ein
Maximum von 500 Flaschen limitiert und ausschließlich den
JW-Direktoren zu deren eigener Verfügung überlassen. Darüber
hinaus wird die Ausführung eines jeden Jahres dazu kreiert, den
Einfluss aufzuzeigen, den verschiedene Komponenten oder
unterschiedliche Interaktionen auf den endgültigen Blend haben.
Was ich damit zu sagen versuche? Versuchen wir’s mal so ......
2008 Director Blend:
Der Hauptaugenmerk lag hier auf dem Grain Whisky und der Blend
zeigte tatsächlich einen grundsoliden Grain-Einfluss. Frisch in
der Nase hatte er noch reichlich Vanille und Karamellbonbons zu
bieten. Auf der Zunge war eine leichte, trockene Grasigkeit und
noch einmal eine große, den Mund ausfüllende Portion
Karamellbonbons. 85 Punkte von mir.
2009 Director Blend: In diesem Jahr konzentrierte sich alles auf die Rauchigkeit vom
Hochland und den Inseln. Das gelang auch, in der Nase war viel
vom Rauch mit einem Hauch Parfum. Der Gaumen bekam dazu noch
Aromen von Apfel, Himbeere, cremiger Vanillesauce und dann diese
feine, sanfte Rauchigkeit. 87 Punkte von mir.
2010 Director Blend: Der Fokus hier lag auf der Speyside-Fruchtigkeit. Schwungvoll kam
er daher, in der Nase mit der typischen Komplexität von Speyside
Whiskys zusammen mit einer überbordenden Obstschale. All dies
übertrug sich auch auf den Geschmack, wurde noch ergänzt von
einer ganz leichten Pfeffrigkeit. 86 Punkte von mir.
2011 Director Blend:
In diesem Jahr war Holz das Thema. In der Nase versammelten sich
Aprikosen, Vanille, Karamell und – Sie werden’s nicht glauben –
Eiche. Die Zunge wurde erfreut durch leicht blumige Parfums und
einen Hauch – ja tatsächlich: Vanilleholz! Ganz wunderbar! 87
Punkte von mir..
Gerüchte besagen, dass bei Diageo nach dieser Verkostung
tatsächlich
22 Bewerbungen für die Position eines Direktors bei Johnnie
Walker eingingen.
Slàinte Mhath und Lang Leben die Blend Maniacs! |
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Montag, 18. Juni 2012
Queue dem Schloss-Champion
oder "Oha, von einem Anfänger an die Wand gespielt" |
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Ich bin sicher, Sie haben das alles bereits einmal im Film
gesehen,
vielleicht waren einige von Ihnen auch schon mal selbst dort,
haben sich umgeschaut und das passende T-shirt gekauft.
Da war ich also, ausgestreckt auf einem gemütlichen Sofa
neben einem Snooker-Tisch in dem edlen Salon, der uns zur
Verfügung stand
und war gerade dabei, eine Trilogie von Rosebanks zu genießen, als
ich zwei Maniacs vernahm, die nicht etwa über Whisky sprachen,
sondern die Möglichkeit einer Runde Snooker erörterten.
Die Plauderei verlief ungefähr folgendermaßen: |
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Maniac 1: Wie wär’s mit einem Spielchen?
Maniac 2:
Tja, eigentlich gerne, aber du musst mir erst einmal die Regeln
erklären, ich habe so etwas noch nie gespielt.
Genau hier ließ ich vorübergehend meine überaus fesselnde Trilogie
im Stich
und erläuterte beiden Maniacs erst einmal den Sinn des Spiels
und dann auch einige wichtige Regeln …
Maniac 2 willigte ein, man einigte sich auf ein Probespiel.
Möge das Spiel also beginnen: Maniac 1 legte einen guten Start
hin, aber irgendwie brachte es unser Anfänger, Maniac 2, stets
fertig, den Anschluss zu halten. Es war ein recht spannendes
Spiel mit vielen Roten und sogar einigen der anderen Farben:
Maniac 1 lag mit 16 Punkten in Führung, es waren auch nur noch
18 Punkte auf dem Tisch (blau, pink und schwarz). Nachdem Maniac
1 dargelegt hatte, Maniac 2 würde alle drei Kugeln benötigen, um
mit knappen 2 Punkten zu gewinnen, wandte Maniac 2 sich wieder
dem Tisch zu, beugte sich vor und bewegte sich sehr geschmeidig
und ganz cool (ich betone: völlig cool) um den Tisch herum. Bald
hatte er alle drei noch verbliebenen Kugeln versenkt und zwar
mit der höchstmöglichen Punktzahl! Maniac 1 war sowohl sprach-
als auch fassungslos, stand da wie gelähmt! Von wegen
“noch nie gespielt“ ???
Nun aber zurück zu
meiner Trilogie von Rosebanks!
Es traf sich, dass der Älteste der Drei auch der am wenigsten
typische Rosebank war. Ich konnte gleich die üppigen
Sherryaromen wahrnehmen, da waren auch Anklänge an Möbelpolitur,
Bananenschale und sogar Leder; leise Töne aus Kaffee und
Schokolade rundeten ab. Auf der Zunge war er eher trocken und
breitete sich schnell im Mund aus, da gab es dunkle Kirschen und
frisches Holz mit floralen Obertönen. Ich gab ihm 85 Punkte
Der Jüngste der Drei war der 20y Rare Malt. Er war insgesamt viel
leichter, es entwickelte sich ein Bouquet aus nussigen, sahnigen
Aromen mit einer feinen Parfumnote und einer frischen
Grasigkeit. Sehr leicht, insgesamt wirklich höchst erfreulich.
Dieser bekam 87 Punkte.
Zum Schluss kam die 21y Version. Hier durchflutete mich
dieses leicht parfümierte Zitronengrasaroma, da gab es viele
blumige Gewürzkräuter, cremige Apfelkuchen und sahnige Vanille.
Ein wahres Juwel, ein Glanzstück, angemessene 88 Punkte von
mir.
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Sonntag, 17. Juni 2012
Der ABC Guide für Schottland
oder "Anoraks,
Flaschen und ein Schloss"
oder, oder "Anoraks werden ins Verlies geworfen" |
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Nun bin ich wieder zuhause und bin jetzt dabei,
meine unglaublichen, wunderbaren Erlebnisse Revue passieren zu
lassen und meine Gedanken irgendwie zu ordnen. Ich hatte
gehofft, dass die knappe Woche in Schottland in Gesellschaft der
größten Gruppe von eingeschriebenen Mitgliedern der Maniacs, die
jemals zusammengekommen war, sich als höchst erstaunlich,
vielleicht sogar als mein Leben verändernd herausstellen würde.
Und stellen Sie sich vor, beides trifft tatsächlich zu. Beim
Sammeln und ordnen meiner Gedanken werde ich hier und da noch
einige Besonderheiten zufügen, spreche aber bewusst nicht von
Highlights, denn jede einzelne Minute dieses Aufenthaltes
war ein Highlight. Wenn Sie einen ausgezeichneten Überblick über
unsere Reise lesen möchten, dann empfehle ich den Bericht meines
guten Freundes Oliver Klimek, den Sie
hier finden. |
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Den offiziellen Beginn unserer Festreise
bildete der Montagabend
mit einer kurzen Verkostung dreier Whiskys, gefolgt von einem
langen, köstlichen Abendessen in einem separaten, privat
genutzten Raum der SMWS Gewölbe – The Vaults – in Edinburgh.
Tja, wir sind halt durch und durch Maniacs, da folgen nicht alle
Pläne dem vorgesehenen Ablauf, besonders die Kurze
Verkostung fiel in diese Kategorie.
Unser Zeremonienmeister für diesen Abend war Charlie Maclean, der seine Aufgabe
hervorragend erfüllte. Er eröffnete den Reigen und kredenzte uns
ein Glas des 64.30, einem ziemlich guten Mannochmore mit
mehr Klasse und Charakter, als ich es von dieser Destillerie
gewohnt bin.
Nummer Zwei war ein wirklich einnehmender 35.62. leicht pfeffrig mit reichlich
Apple Crumble und Vanillesauce. Ein famoser Glen Moray, dem ich
86 Punkte gab.
Als nächstes glänzte in unseren Gläsern
ein seltenerer Dram in
den Gewändern einer älteren SMWS Präsentation, destilliert im
Jahre 1977, abgefüllt 1998. Tatsächlich! Ein 21y 69.6
schmeichelte unseren Geschmacksknospen mit zarten Pfeffernoten,
mit frischer, zischender Fruchtigkeit, mit ganz leichten
Kräuterduft verströmenden Äpfeln. Ein prächtiger Glen Albyn, der
ebenfalls 86 Punkte von mir bekam.
Dann: Ein 53.164
verblüffte unsere Gaumen nicht nur mit dunklem Torf und einem
Hauch Kautschuk, sondern auch mit einem frischen Schwall
Fruchtigkeit und einem äußerst lebhaften Himbeergeschmack.
Dieser Caol Ila erhöht den Taktschlag, ich vergab angemessene 87
Punkte.
Unser nächster Whisky
wurde erst am Ende des Dinners zusammen mit dem Kaffee serviert,
was sich als eine von Charlys besten Entscheidungen
herausstellte. Der 105.19 verfügt nicht nur über einen
ausgeprägten Sherry-Charakter, er erfreut auch durch lebendige,
eindrucksvolle florale Aromen mit einem Anflug roter Trauben –
Wohlgerüche, die durch die üppigen Sherrynoten hindurch auch der
Zunge schmeicheln. Ein in der Tat erhabener Tormore, der meine
87 Punkte verdiente.
Unser letzter offizieller (wir sind eben doch wahre Maniacs)
Dram des Abends erwies sich als wahrhaft Ehrfurcht
gebietend, denn der 29.102 bot uns ein prachtvolles
Geschmacksfeuerwerk – wir wurden belohnt mit Vanillecreme,
Sherry, Crème Brulée, Schwarzkirschen, Kräutern, einer leichten,
trockenen Kautschuknote, dunkler Schokolade, Kaffeebohnen,
Pflaumen und, man hätte es wohl ahnen können, einem Anklang an
Schwarzpulver! Ein wirklich erstaunlicher 12y Laphroaig – 88
Punkte von mir!

Slàinte Mhath – möge das Fest beginnen! |
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Samstag, 9. Juni 2012
15 Jahre in Anoraks
oder "Wohin, wenn nicht nach Schottland?"
Jetzt ist es offiziell – die Malt Maniacs haben nun seit
1997 durchgehend geanorakt (Ist das eigentlich ein Wort?
Jedenfalls ist es jetzt eins!), das heißt, 2012 können wir
unseren 15. Jahrestag begehen. Gibt es einen besseren Weg,
dieses Jubiläum zu feiern, als mit einer Schottlandreise?
Wir sind im Begriff, im wirklichen Leben die zahlenmäßig
umfangreichste Zusammenkunft von eingeschriebenen Maniac
Clubmitgliedern zu organisieren, die jemals stattgefunden
hat. Der Wetterbericht sagt Regenschauer voraus, wie sollten
also sicherheitshalber unsere Anoraks einpacken. Wünschen
Sie uns Glück und gute Reise – nach unserer Heimreise in
einer Woche melde ich mich wieder.
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Samstag, 5. Mai 2012
"Unabhängigkeit und Integrität, meine Leitmotive" |
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Von Zeit zu Zeit gibt es ein
Wiederauftreten von ganz bestimmten
Gesprächsthemen aus der Welt oder dem Konzept von
Whisky-Blogging und –Kommentierungen. So ein alter Hut ist
kürzlich wieder einmal aufgetaucht: der Aspekt Unabhängigkeit.
Was bedeutet Unabhängigkeit?
Nun, für mich bedeutet es, auf keine
Weise mit dem Whiskyhandel in Zusammenhang zu stehen, kein Geld
daraus zu ziehen. Ich habe nicht einmal Werbeeinnahmen aus
meiner Webseite, obwohl mir noch nie aufgefallen ist, dass
andere Blog- oder Webseiten-Betreiber, die Google-Werbung oder
Ähnliches zeigen, in diesem Zusammenhang etwa nicht trotzdem
unabhängig gewesen wären. Ich habe lediglich ganz persönliche
Gründe, warum ich derzeit keine Anzeigen auf meiner Seite haben
möchte. Mein Web-Hosting ist relativ preiswert und ich bin froh,
dass ich selbst dafür bezahlen kann.
Integrität?
Ein sehr angenehmes Wort und eng verwandt mit dem Begriff
Unabhängigkeit, obwohl ich finde, dass sie zwei verschiedene
Aspekte repräsentieren. Wovon, zum Donner, ich eigentlich rede?
Nun, wenn ich von irgendeiner Seite eine Gratis-Probe bekomme,
sei es von einem Freund, einem Whisky-Laden oder etwa von der
Marketing-Organisation eines Whisky-Produzenten, kann ich die
Probe dann wirklich völlig ehrlich und unabhängig besprechen?
Ich weiß, alle Welt würde sich beeilen zuzustimmen – ich kann
aber ganz wahrhaftig mit „Ja“ antworten! Ich schreibe zu 100%
ehrliche Besprechungen, in 100% der Fälle, ob mir die
Verkostungsprobe übergeben wurde, ob ich sie mit einem anderen
Whisky-Freund getauscht habe, oder ob ich sie – wie fast immer –
selbst gekauft habe.
Was wäre wenn sich jemand durch eine wenig positive Beurteilung
auf den Schlips getreten fühlte?
Sollte ich jemals eine bewusst falsche Beurteilung abgeben und
vielleicht hie und da ein paar zusätzliche Punkte aber
unverdiente verteilen, meine Integrität wäre dadurch gefährdet.
Man würde mir nicht mehr trauen und meinen Beurteilungen keine
weitere Beachtung mehr schenken, seien sie positiv oder negativ.
Ich würde nicht im Traum daran denken, diesen krummen Weg zu
gehen, und – ehrlich gesagt – würde ich bald allen Respekt
verlieren für jemanden, der kein aufrichtiges Urteil für seinen
Whisky erwartet
Kommen wir weiter zum den Themen Verkostungsproben und
Whiskyreisen.
Scheinbar denken viele Leute, dass Whisky-Blogger nicht arbeiten
und ihr Leben genießen mit immerwährenden ‘Whiskyverkostungen
und –reisen. Was mich anbelangt, können Sie diesen irrtümlichen
Eindruck gleich begraben. Mein Post weiter unten kommt da gerade
zur rechten Zeit, da geht es nämlich um Reisen. Whisky Emporium
läuft nun bereits drei Jahre als meine Webseite für
Besprechungen, Artikel und Kommentare und in dieser Zeit wurden
mir zwei Reisenangeboten. Den Anfang machte im Herbst 2010 eine
Fahrt, die ich gerne angetreten habe: es ging zwei Tage lang auf
dem Rücksitz eines Lieferwagens durch buchstäblich ganz
Schottland, unterwegs wurden drei Destillerien besucht. Der
zweite Ausflug fand vor nur ein paar Tagen statt: ich war zu
einem zweistündlichen Event in London eingeladen, um der
Vorstellung einiger neuer Whiskys beizuwohnen. Im Vorfeld waren
mir nur minimale Details bekannt, wie der Name der Destillerie
und die Tatsache, dass es sich um eine Serie neuer Duty Free
oder Travel Retail Abfüllungen handelte, aber das war schon
alles. Ich konnte ganz einfach nicht widerstehen, einen derart
einzigartigen Ort zu besichtigen, der üblicherweise der
Öffentlichkeit verschlossen bleibt. Und außerdem ist mir das
ungewöhnliche Profil eines Dalmore unter meinen verkosteten
Whiskys sehr willkommen.
Zwei Reisen in drei Jahren und – ehrlich gesagt - mehr kann ich auch nicht schaffen, es
sind kostbare Urlaubstage, die ich normalerweise mit meiner Frau
erleben und genießen möchte. Aber, noch mal gefragt, kann ich in
solchen Fällen eine unvoreingenommene Whisky-Besprechung
schreiben? Natürlich kann ich das und, ja, das waren vier
wirklich ausgezeichnete Whiskys. Aber Schande über die Preise!
Doch das ist ein anderes Thema für einen anderen Tag.
Thema Verkostungsproben:
Ja, ich bekomme einige wenige mit der Betonung auf wenige, aber
missverstehen Sie dies nicht als Beschwerde, ich will sicher so
nicht um Proben bitten oder betteln. Es gibt drei oder vier
Firmen, die mir gelegentlich Proben schicken, die ich mit Freude
entgegennehme und, wie üblich, ehrliche Bewertungen darüber
schreibe. Natürlich habe ich sowohl gute als auch schlechte
Beurteilungen abgegeben.
Warum also habe ich das Bedürfnis, diesen Artikel zu schreiben?
Habe ich heimlich ein schlechtes Gewissen? Überhaupt nicht, ich
möchte nur einmal ein paar Dinge gerade rücken, wie ich hier so
sitze und auf ungefähr 60 Probefläschchen blicke, die alle auf
meinem Schreibtisch stehen. Acht von ihnen habe ich geschenkt
bekommen, zwei von einem ebenfalls enthusiastischen
“Whiskybruder” und Blogger (danke Steffen) und sechs von einem
unabhängigen Abfüller, den ich in Limburg am letzten Wochenende
zum ersten Mal getroffen habe. Zum Schluss möchte ich Steffen
auch dafür danken, dass ich sein ausgezeichnetes Foto von Ben
und mir nutzen konnte, aufgenommen in Limburg am letzten
Sonntag. Ben? Das ist der Ben Wyvis von Signatory, den ich
gekauft habe. 2cl davon kosten mehr als die meisten Leute als
Eintritt für ein Whisky-Festival an einem Wochenende bezahlen
dürfen.
Slàinte Mhath |
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Mittwoch, 2. Mai 2012
Constellation

oder "als “Normaler” umgeben von einem Kronprinzen und der
Hautevolee" |
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Gestern Abend hatte ich das sehr reale Vergnügen,
einen tatsächlich einzigartigen Schauplatz zu besuchen, einige
wirklich einzigartige (und teure) Whiskys zu verkosten und doch
als „Normaler“ zu gelten. Mein gesamtes
Erwachsenenleben durch habe ich versucht, wenigstens den Hauch
von Exzentrizität zu entwickeln, und plötzlich bin ich der
„Normale“.
Aber ich war in wirklich erlauchter Gesellschaft
und, wie gesagt, an einem einzigartigen Ort. Es handelte sich um
die offiziellen Empfangs- und Abreiseräume der Staatsbesuche für
die Queen.
"Willkommen in der Royal Suite des Flughafens Heathrow", so hieß
es von unseren Gastgebern zu Beginn des Champagnerempfangs, “Sie
sind die ersten normalen Mitglieder der Gesellschaft, die je in
diese Suite eingeladen wurden. Ein Kronprinz ist soeben von hier
abgereist und einige weitere, hochstehende Passagiere werden in
Kürze erwartet ". Und richtig, genau zu diesem Zeitpunkt rollte
ein Privatjet aus und parkte nur einige Meter neben dem nur
etwas Größeren des vorgenannten Prinzen. Zugegeben, „normal“
kann da durchaus ein recht dehnbarer Begriff sein.
Aber warum waren wir dort? Gestern, am ersten Mai, war die offizielle Vorstellung von
Dalmores neuer Constellation Collection, einer Serie von 21
verschiedenen Abfüllungen oder “Expressions”, die über einen
Zeitraum von fünf Jahren auf den Markt gebracht werden. Der
Gesamtumfang der Freigabe umfasst 20 000 Flaschen, also ungefähr
4 000 Flaschen pro Jahr. Die World Duty Free Group, deren
zentraler Duty-Free Laden im Terminal 5 des Londoner Flughafens
Heathrow liegt, verfügt über alle Rechte der Freigabe und hat
das alleinige Zugriffsrecht auf alle Nummer 1 und Nummer 8
Flaschen.

Vorgestellt wurden uns vier der “Expressions” durch Whyte & Mackays
Master Blender höchstpersönlich: Richard Paterson (solltet
Ihr das Glas auf diese Weise halten, bringe ich Euch um),
der von seinen eigenen Kreationen offensichtlich so hingerissen
ist, wie eh und je – aber ist dieser Whisky tatsächlich so gut?
Nun, ohne alle Umschweife kann ich bewundernd sagen, dass diese Vier verdammt gute Whiskys
sind, drei davon stufe ich in meiner Hitliste sogar unter
"Great" ein, was bedeutet, sie bekommen mindestens 90
Punkte auf meiner Bewertungsskala und das ist wahrlich eine
beachtliche Leistung!
Der 1992er ruhte neun Jahre in Port Pipes und brachte es bei der Abfüllung
auf 747 Flaschen – kolossal! Dieser Tropfen ist der leichteste
der Vier und hat Aroma und Geschmack von Wein, Kirschen und
anderen Früchten. Er ist seidenweich und konzentriert sich
erstaunlicherweise zur Gänze am Gaumendach. Dieser Whisky ist
nicht nur überaus interessant, sondern auch im höchsten Maße
vorzüglich – 89 Punkte von mir.
Der 1973er hat Unmengen an Aromen und Geschmacksvarianten, als da sind:
Zitrusbouquets aus Orangenöl und Limettenschalen, schwarze
Johannisbeeren, Pflaumen und sogar ein Hauch von
Damaszenerzwetschken. Nach einer Weile im Glas kommen noch
Spuren von Haselnuss, Vanille und Crème Brulée dazu. Auf der
Zunge ist er etwas trocken, das passt aber hervorragend zu der
üppigen Cremigkeit und reichhaltigen Fruchtigkeit – 90 Punkte
von mir und die Auszeichnung "Great".
Der 1969er beginnt mit einem Sturm, erfüllt vom Duft frühsommerlicher
Alpenblumen. Dazu gesellen sich bald noch Damaszenerpflaume,
Orangenöl, Mango (oder ist es Papaya?) und der cremige Geschmack
von Sahnebonbons. Dies ist wirklich ein umwerfend guter Whisky –
hochverdiente 92 Punkte von mir und die Auszeichnung "Great".
Abschließend zum 1964er:
auch dieser Whisky erfreut mit einer Unmenge an floralen Aromen,
daneben Orange und verschiedene Gewürze, wie Kardamom und Kumin.
Im Geschmack ist er ebenfalls ein wenig trocken, aber mit
reichhaltigen Anklängen an Blutorange und Schokolade. Ich glaube
wirklich, ich habe mich in diesen Whisky verliebt! 93 Punkte von
mir und die Auszeichnung "Great".
"Sollte der Herr es für nötig befinden, sich nach dem Preis zu
erkundigen, ist der Herr wohl außerstande, diesen Preis zu
bezahlen”
ist eine alte Redewendung, wenn es um Luxusgüter geht, die oft
weit außerhalb der Möglichkeiten des gemeinen Volkes
sind, und diese Constellation-Serie mit Whisky-Expressionen ist
da beileibe keine Ausnahme. Ich bin nur ein wenig traurig, dass
solche Traumtropfen auf den Markt von Luxus und Reichtum
ausgerichtet sind, während normale Whiskytrinker außen vor
bleiben. Aber wer sagt denn, dass die Wohlhabenden und Berühmten
nicht im Grunde auch ganz normale Whiskytrinker sind? Vielleicht
bin ich nur ein bisschen neidisch, dass diese Serie für eine
Welt steht, in die ich mich unmöglich einkaufen könnte.
Vielleicht reden wir hier über Phantasiegeld. Vielleicht
befinden es manche Leute der Ausgaben wert. Vielleicht bin ich
ja tatsächlich ein ganz normaler Mensch. Vielleicht gewinne ich
im Lotto … |
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Mittwoch, 2. Mai 2012
Limburg; Die Whisky-Messe
oder "Lust auf rare Genüsse" |
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Kann es Besseres geben als den Besuch einer Whisky-Messe,
um einem wahrhaftig Lust zu machen, so richtig Lust auf ein paar
dieser unglaublichen Drams, aus denen die herrlichsten
Träume gemacht werden? Aber nein, gemeint ist nicht nur
irgendeine Whisky-Messe sondern DAS Whisky Festival!
Die Stände der 'OB'
Destillerien waren auch in diesem Jahr in der Minderheit – in
Limburg drehte sich alles viel mehr um die Unabhängigen, nicht
nur um unabhängige Abfüller sondern auch um freie Händler, die
sich auf in Vergessenheit geratene, verloren geglaubte oder oft
nur mehr äußerst schwer zu beschaffene Abfüllungen spezialisiert
haben. Viele von diesen seltenen Flaschen waren auch bereits
geöffnet, deren Inhalt wurde nun Dram-weise ausgeschenkt.
Zugleich bot sich die Gelegenheit,
alte und neue Freunde zu treffen und sich über einige überaus
erstaunliche Whiskysorten zu unterhalten. Sprach ich gerade über alt, rar, verloren geglaubt oder schwer zu
beschaffen? Nun, nachfolgend nur einige Beispiele der Tropfen,
die ich in diesem Jahr verkosten durfte:

Übrigens: Verkostungen –
da bin ich wieder bei einer meiner Lieblingsbeschwerden,
wenn es sich um Whisky-Messen dreht: Man hört so oft von
Veranstaltungen, bei denen Probierflaschen schlichtweg nicht
erlaubt sind, entweder es handelt sich um eine All-Inclusive
Schau – zahle einmal und koste was Du willst. Oder aber – der
Gesetzgeber will es bisweilen so – alles steht unter dem
merkwürdigen Motto „verantwortliches Trinkverhalten“.
Verantwortliches Trinkverhalten? Da ist es mir einerseits gestattet, an einer Veranstaltung
teilzunehmen, wo ich gegen relativ geringe, einmalige Gebühr
soviel alkoholische Getränke konsumieren kann, wie es mir
beliebt, ohne mehr bezahlen zu müssen. Andererseits bin ich ja
durchaus bereit, für jeden ausgeschenkten Whisky separat zu
zahlen, wenn ich doch nur die Proben in meine kleinen
Probierfläschchen abfüllen lassen könnte, um mir die
Köstlichkeiten daheim in aller Ruhe und vielleicht sogar über
einige Tage verteilt zu Gemüte führen zu können. Wäre das dann
wirklich „unverantwortliches Trinkverhalten“? Tatsächlich habe
an einem Stand mehr für eine einzige 2cl-Probe von diesem
einzigartigen Ben Wyvis ausgegeben, als manche Leute für manche
Whisky-Festivals an Eintritt aufwenden müssen. Sagte ich gerade
„Festivals“? Wenn man der Definition folgt, ist ein Festival
eine Veranstaltung über mehrere Tage, im Gegensatz zu manchen
Veranstaltungen, die nur einige Stunden dauern und die
normalerweise Verkostung genannt würden. OK, OK, ist ja gut, ich
klettere schon herunter von meiner Palme und packe die
Orangenkiste wieder ein.
Limburg 2012; War’s ein Erlebnis für mich? Darauf können Sie
wetten und ich freue mich schon aufs nächste Mal. Und zum
Schluss noch ein herzlicher Gruß an diese brillianten,
unabhängigen Spezialanbieter von Raritäten und Traumtropfen,
verbunden mit einem zarten Hinweis: auf meiner Wunschliste
stehen noch Dunglass, Islebrae, Killyloch, Kininvie und
Hazelwood.
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Monat |
Kürzlich behandelte Themen
(Eine
vollständige Liste von allen unter Dram-atics veröffentlichten
Artikeln sind in meiner Inhaltsangabe nachzulesen.) |
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